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Gendern ohne Sonderzeichen: Inklusiv und elegant

Geschrieben am: 18. Dezember 2023

Ideen und Handreichungen, wie ihr ganz ohne Sonderzeichen geschlechtergerecht schreiben und euren eigenen Sprachgebrauch bereichern könnt

Kaum ein anderes Sprachthema polarisiert aktuell stärker als das Gendern. Um politische Stimmung soll es hier jedoch nicht gehen. Aus meiner Sicht eignet sich geschlechtergerechte Sprache wenig, die Tatsache ihrer Verwendung oder Nichtverwendung für politische Profilierung zu instrumentalisieren. Sie lässt sich auch losgelöst von diesen Debatten valide begründen (dazu bald mehr). Vielmehr möchte ich mit den untenstehenden Anregungen dazu einladen, einen inklusiven und kreativen Umgang mit geschlechtergerechter Sprache zu pflegen.

Denn letztendlich geht es genau darum, um eine Bereicherung: Wenn wir auf natürlichem Weg und ohne sprachliche Verrenkungen die Vielfalt der Menschen zum Ausdruck bringen können, ist das eine Chance für uns alle.

Gendern und Barrierefreiheit

Ganz abgesehen von politischen Debatten gibt es ein sachlich wichtiges Argument gegen Sonderzeichen wie Gendersternchen, Doppelpunkt, Unterstrich oder Binnen-I, über das viel zu selten gesprochen wird, und zwar das der Barrierefreiheit. Für die einen mag es lediglich lästig sein, bei Gendersternchen erstmal nach nicht vorhandenen Fußnoten zu suchen (ich, immer). Für viele behinderte Menschen stellen mit Sonderzeichen gegenderte Texte hingegen eine signifikante Hürde beim Lesen dar.

Sprachsoftware für sehbehinderte Menschen etwa ist häufig nicht in der Lage, einen Text problemlos wiederzugeben, der mit Sonderzeichen gegendert wurde. Für einige autistische oder lernbehinderte Menschen sind Sonderzeichen oft ebenfalls Barrieren beim Erfassen eines Textes.

Die gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen im Bereich Text und Sprache ist ein Feld, über das ich zukünftig noch mehr lernen und schreiben möchte und das über Sonderzeichen weit hinausgeht. Wenn es Möglichkeiten gibt, auch ohne Sonderzeichen geschlechtergerecht zu formulieren, ist Barrierefreiheit jedenfalls ein zentraler Grund, diese Möglichkeiten bevorzugt wahrzunehmen. Gendern ohne Sonderzeichen ist inklusiv.

Und dann gibt es da noch Menschen wie einen Kunden, der mir verriet: „Weißt du, ich tu mir mit dem Thema schwer. Ich verstehe die Leute, die sich über das generische Maskulinum ärgern, aber diese ständigen Sonderzeichen in einem Text irritieren und schrecken mich ab, und deshalb gendere ich nicht. Wenn du allerdings eine Möglichkeit findest, ohne Sonderzeichen zu gendern, dann finde ich das super.“ So wie diesem Kunden geht es wahrscheinlich sehr vielen Menschen: Bei ihnen ist grundsätzlich der gute Wille zu offenen Formulierungen vorhanden, aber die Sonderzeichen stören. Gendern ohne Sonderzeichen ist also auch elegant.

Die gute Nachricht: In verblüffend vielen Fällen könnt ihr ganz ohne irritierende Sternchen&Co. schreiben. An dieser Stelle der obligatorische Hinweis, dass der Text hier ohne Sonderzeichen-Gendern auskommt und trotzdem geschlechtergerecht formuliert ist. Es gibt eine Vielzahl von Ausdrucksmöglichkeiten, die beim Lesen dem Bewusstsein Raum geben für die Vielfalt der Menschen, ohne dabei den Lesefluss zu unterbrechen.

Im Folgenden möchte ich euch einige dieser inklusiven, eleganten Gendermöglichkeiten ohne Sonderzeichen vorstellen.  

Verbalstil nutzen

Verbal zu formulieren, schlägt aus Texterinnensicht mehrere Fliegen mit einer Klappe: Ein aktivischer Verbalstil macht Texte lebendiger und dynamischer. Er benennt am klarsten, wer was macht. Und: er ermöglicht uns als positiven Nebeneffekt häufig geschickte Lösungen in Genderfragen. Also warum nicht gleich nutzen?

Beispiele für Verbalstil:

  • „Viele Hobbyköche kennen das“ -> besser: „Wer gern kocht, kennt das“
  • Radfahrer -> besser: wer Rad fährt
  • Absolventen –> besser: Wer einen Abschluss hat

 

Paarform

Taucht eine Personenbezeichnung im generischen Maskulinum allein auf, kann sie meistens durch die Nennung beider Formen geschlechtergerecht eingesetzt werden.

Beispiele Paarform:

  • Schülerinnen und Schüler
  • Ärztinnen und Ärzte
  • Lektorinnen und Lektoren

 

Weibliche und männliche Form abwechseln

“Ein generisches Maskulinum kommt selten allein”: Oft wird eine männliche Personenbezeichnung nach der anderen aneinandergereiht, weil die Paarform hier die Lesbarkeit erschweren würde und möglicherweise keine geschlechtsneutralen Alternativen vorhanden sind. Hier kann eine Lösung so aussehen: Macht daraus einen vielfältigen Personenkreis und wechselt weibliche und männliche Form ab. Das funktioniert am besten, wenn man dabei gleichzeitig Geschlechterrollenklischees umdreht.

Beispiele, wie man männliche und weibliche Formen abwechselnd nutzen kann:

  • Ärztinnen und Sozialarbeiter, Psychologinnen und Therapeuten
  • Lehrerinnen und Erzieher, Sozialarbeiterinnen und Integrationshelfer
  • Polizistinnen und Strafverfolger
  • Chefinnen und Arbeitnehmer, Gewerkschaftsvertreterinnen und Betriebsräte
  • Handwerkerinnen und Hausmänner

Achtung – auf keinen Fall in Geschlechterklischees bleiben, wie im Informationsabend Berufsberatung an einer Schule gehört: „… ob Ihr Kind Arzt oder Krankenschwester wird“. Autsch.

Generell gilt hier: Hinterfragt Rollenklischees und dreht im Zweifelsfall die Geschlechterrollen um. Wenn es sich nicht um katholische Priester handelt, versteht sich.

 

Substantivierte Partizipien nutzen

Hier ähnelt die Vorgehensweise dem Kniff mit dem Verbalstil, allerdings wird hier die Tätigkeit als substantiviertes Partizip genutzt.

Beispiele für substantivierte Partizipien:

  • Studenten -> besser: Studierende
  • Leser -> besser: Lesende
  • Leiter -> besser: Leitende

 

Geschlechtsneutrale Synonyme nutzen

Für viele Begriffe gibt es geschlechtsneutrale Synonyme. Eine hilfreiche Sammlung solcher Alternativen findet ihr beispielsweise unter www.geschickt-gendern.de.

Beispiele für geschlechtsneutrale Synonyme:

  • Feuerwehrmänner -> besser: Feuerwehrleute
  • Alleskönner -> besser: Multitalent
  • Arbeitnehmer -> besser: Beschäftigte
  • Manager -> besser: Führungskraft
  • Not am Mann -> besser: Notsituation
  • Sekretärin -> besser: Assistenz, Bürokraft

 

Von Menschen, Personen, (Fach-)Kräften und Figuren sprechen

Dieser Weg ist eine Ergänzung zum vorherigen Vorschlag, geschlechtsneutrale Alternativen zu verwenden. In vielen Fällen lässt sich ein auf ein bestimmtes Geschlecht festgelegter Begriff vermeiden, wenn stattdessen von Menschen, Figuren, (Fach-)kräften und Personen die Rede ist. Menschen durch die Formulierungsweise in den Mittelpunkt eines Textes zu stellen, ist generell eine gute Idee. Außerdem hilft das auch jenseits von Geschlechterfragen, Klischees zu vermeiden. „Tausende Menschen gingen für mehr Umweltschutz auf die Straße“ erzeugt ein anderes Bild im Kopf als „tausende Aktivisten“. Und „(Fach-)kräfte“ sind gewissermaßen das Allzweckwerkzeug des Genderns, wenn es um Berufsbezeichnungen geht.

Beispiele für Formulierungen mit Menschen, Personen, Fachkräften:

  • Aktivisten -> besser: Menschen, die für [Thema XY] eintreten
  • Prominenter -> besser: prominente Person
  • Protagonisten -> besser: Hauptpersonen
  • Sanitäter -> besser: Rettungskräfte
  • Krankenschwestern -> besser: Pflegekräfte
  • Putzfrau -> besser: Reinigungskraft
  • Mädchen für alles -> besser: Mensch für alles
  • Manager -> besser: Führungskraft
  • Fachärzte -> besser: medizinische/ärztliche Fachkräfte

 

Ihr möchtet professionelle Unterstützung bei der eleganten geschlechtergerechten Formulierung? Kontaktiert mich für ein professionelles Sensitivity Reading, das Lektorat oder das Schreiben eurer Texte!

 

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